Samstag, 30. Juni 2007

Das Finanzgericht in Berlin wurde Ende 2006 geschlossen

Im Berliner Parlament wurde im Jahre 2004 eine politische Entscheidung getroffen, die für viele Berliner Bürger von großem Nachteil sein wird.

Im Jahre 1996 ist der politische Fusionsversuch der einzelnen Bundesländer Berlin und Brandenburg zu einem Bundesland Berlin Brandenburg durch eine Volksabstimmung gescheitert. Danach versuchten die politischen Kräfte von Berlin und Brandenburg, durch Zusammenlegung verschiedener Institutionen für eine spätere Volksabstimmung vollendete Tatsachen zu schaffen.

Gegen eine sinnvolle Fusionierung verschiedener Institutionen bundesländerübergreifend ist nichts einzuwenden, dies darf jedoch niemals zu Lasten der Bürger gehen.
In den Landesparlamenten der Bundesländer Berlin und Brandenburg wurde nun die Fusionierung verschiedener Gerichte beschlossen. Unter anderem wurden die Finanzgerichte Berlin und Brandenburg zum gemeinsamen Finanzgericht Berlin Brandenburg fusioniert, mit Sitz in Cottbus.
Was bedeutet das für den Berliner Bürger: Jährlich rufen ca. 5000 Berliner Bürger, die Streitigkeiten mit ihrem Finanzamt haben, das Finanzgericht Berlin an. Die Verhandlungen wurden bis Ende 2006 im Finanzgericht Schönstedtstraße in Wedding durchgeführt, die ungünstigste Anfahrtszeit innerhalb Berlins beträgt ca. 45 Minuten, An- und Abfahrt ca. 90 Minuten.
Ab Januar 2007 werden die Berliner Bürger gezwungen, zu den Verhandlungen nach Cottbus zu fahren. Hier beträgt die Anfahrtszeit bei ungünstigsten Bedingungen 3 bis 3 ½ Stunden, An- Und Abfahrt ca. 6-7 Stunden. Die zeitliche Mehrbelastung und die sehr viel höheren Anfahrtskosten sowie die oftmals notwendige Begleitung eines Rechtsanwaltes oder eines Steuerberaters machen für viele Rechtsuchende Bürger den Weg nach Cottbus unmöglich.
Zurück bleibt der frustrierte steuerzahlende Bürger.

Viele Bürger sehen ihren staatlich garantierten Rechtsschutz ausgehebelt und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ad absurdum geführt.

Bei den Aussprachen im Landesparlament Berlin zu dem Fusionsvertrag der Gerichte und in dem für diese Fusion eigens einberufenen Ausschuss wurden die nachteiligen Umstände für die Berliner Bürger nur rudimentär behandelt. Der Anspruch auf Rechtsschutz des Bürgers wurde von Experten nur halbherzig diskutiert. Die Frage, ob diese Fusion grundgesetzkonform ist, blieb bis zum Schluss auch im Expertenausschuss strittig. Einwände eines Berliner Politikers gegen den Sitz des Berliner Finanzgerichtes in Cottbus wurden mit der polemischen Unterstellung, dass es sich hier nur um Besitzstandsdenken "Westberliner" Politiker handeln würde, zurückgewiesen. Nach Durchsicht der Protokolle der Aussprachen im Landesparlament Berlin und der Diskussion im Ausschuss verfestigt sich der Eindruck, dass dieser Fusionsvertrag im Parlament ohne Rücksicht auf die Belange der Bürger durchgepeitscht wurde.

Dieser Fusionsvertrag ist eindeutig gegen die Bürgerinnen und Bürger gerichtet, der juristische Laie könnte hier sogar eine Rechtsbeugung durch die Politik vermuten. Die Interessen des Bürgers müssen hier hinter den Interessen der zum Teil unter Realitätsverlust leitenden Politikern zurücktreten.

Wie auch aus der Presse zu erfahren war, blieb die Verfassungsbeschwerde eines Berliner Finanzrichters, der sich gegen die Auflösung des Finanzgerichts Berlin wandte, ohne Erfolg. Aus dem auch im Internet veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts-BVerfG- vom 14. Juli 2006 2 BvR 1058/05 ergibt sich, dass die Beschwerde wegen des sog. Subsidiaritätsprinzips nicht zur Entscheidung angenommen wurde, da zunächst der Rechtsweg vor dem jeweils zuständigen Fachgericht - in diesem Fall wäre es wegen der zu erwartenden Versetzungsverfügung das Dienstgericht - erschöpft werden muss. Erst danach wird die Verfassungsbeschwerde zulässig. Zu beachten ist, dass das BVerfG abschließend nicht darüber befunden hat und befinden musste, ob die Sitzverlegung des Finanzgerichts Berlin (die einzige Tatsacheninstanz nach der Finanzgerichtsordnung) nach Cottbus noch den Anforderungen des Grundgesetzes für einen effektiven Rechtsschutz genügt, ob der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Gemeinwohlzwecke beachtet werden.
Diese den Bürger betreffenden Rechtsfragen, die nach dem veröffentlichten Beschluss auch Gegenstand der Verfassungsbeschwerde waren, sind noch nicht höchstrichterlich entschieden worden.

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